1 Prof. Dr. Dieter Nerius, Vorlesung Sommersemester 2004 Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache 17. März 2004
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Prof. Dr. Dieter Nerius, Vorlesung Sommersemester 2004
Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache
17. März 2004
1. Gegenstand, Aufgaben und Abgrenzung der Lexikologie
1.1. Die Stellung der Lexikologie im System der sprachwissenschaftlichen
Einzeldisziplinen
Textebene – Textlinguistik
Syntaktische Ebene – Syntax
Lexikalische Ebene
Morphemische Ebene – Morphologie, Lexikologie: Wortschatz, Bestandteile (Wort, Lexem),
Aufbau, Funktion
Phonemebene – Phonetik
Graphemebene – Graphologie
Semiologische Ebene – Semiologie
Morphologie / Lexikologie: Die Lexikologie betrachtet Einheiten unabhängig von der
Funktion auf Syntaktischer Ebene, die Morphologie die Funktion in Wortgruppe und Satz:
Grammatische Kategorien.
Lexikalischer Aspekt: Wortebene, Lexem = Wortschatz => ist das Inventar der usualisierten
lexikalischen Zeichen = die in Gebrauch sind. (Okkasionalismen gehören nicht zum
Wortschatz), Individuelle Besonderheiten nicht beim Wortschatz.
Thea Schippan: „Sie (die Lexikologie) ist die Wissenschaft von den lexikalischen Zeichen.“
Beschreibt Bedeutung, Bildung, Funktion der Wörter, Struktur, Aufbau, Wesenszüge. Die
Lexikologie untersucht den Wortaufbau und die Wortbedeutung, Struktur und Veränderung
des Wortschatzes, sowie der Beziehung der lexikalischen Einheiten im Sprachsystem und im
Text.
Diese Disziplin kann sowohl synchronisch als auch diachronisch betrieben werden.
1.2. Die Teilgebiete der Lexikologie und die Möglichkeiten der Beschreibung des
Wortes und des Wortschatzes
Lexikologie umfasst Unterdisziplinen, die Möglichkeit der Beschreibung eines Wortschatzes
ausmachen. Seit ca. 1960 Teilgebiet Lexikologie. Unterdisziplinen unterschiedlich
ausgearbeitet. Gemeinsamer Bezugspunkt = Wort.
6 Teilgebiete: 1. Wortbildungslehre, 2. Wortbedeutungslehre, 3. Struktur des Wortschatzes
und ihre Beschreibung (weitere Unterbereiche), 4. Onomastik (Namenkunde), 5.
Phraseologie, 6. Lexikographie
1.2.1. Wortbildungslehre
Wortbildungslehre: Gegenstand ist die Bildung von Wörtern durch die Neukombination
vorhandener Wörter oder mit besonderen Wortbildungselementen = Hauptverfahren im
Deutschen für neue Wörter. Die neuen Wörter sind in der Regel mit der Bedeutung ihrer
Bauelemente verbunden = motiviert. Prozeß der Demotivierung = Verdunklung der

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Bestandteile, z.B. „Handtuch“. Im einzelnen beschäftigt sich die Wortbildungslehre mit den
Arten, Modellen und Mitteln der Wortbildung, diachronisch als Prozess, synchronisch als
Ergebnis. Wortbildungskonstruktion am syntaktischen Element (z.B.: „Sonnenschutz“,
„Arbeitsschutz“). Beziehung zur Morphologie; Homonyme Elemente, die nur anscheinend
gleich sind, z.B. Lehrer (Nomen Agentis) und Hühner (Pluralmorphem). Von der
Wortbildung ist die Wortschöpfung zu unterscheiden. Lautnachahmende Wörter:
Onomatopoetika; Mit sprachlichen Mitteln werden Vorgänge der Realität imitiert.
1.2.2. Wortbedeutungslehre
Wortbedeutungslehre gehört zur Semasiologie. Gegenstand sind das Wesen, Struktur und
Beziehung der Wortbedeutung und die Beziehung der Wortbedeutung im Text. Gegenstand
der Wortbedeutungslehre: Polysemie, Monosemie. Homonymie = Gleichheit der
Wortbedeutung, Anscheinend selbes Wort = Formale Gleichheit; Synonymie: Beziehung, die
Wortbedeutungen untereinander haben können. Verschiedene Wörter können die gleiche
Bedeutung haben. Das selbe Denotat wird durch unterschiedliche Formative bezeichnet.
Diachronischer Aspekt der Bedeutungsentwicklung, denn die Bedeutung bleibt nicht gleich
=> Problem, das schwierig ist: Identität einer Sprache in ihrer Entwicklung. Warum ist
Althochdeutsch auch Deutsch? Die Identität der deutschen Sprache muß gezeigt werden
können. Das bezieht sich auch auf den Wortschatz, z.B: „Marschall“ = ahd. maneskalg (mane-
Pferd; skalg-Knecht), oder z.B.: „Frauenzimmer“ - Bedeutungswandel zum Pejorativen.
1.2.3. Struktur des Wortschatzes
Struktur des Wortschatzes: Der Wortschatz ist ein vielschichtiges Gebilde, keine amorphe
Masse. Sortierung nach Alphabet ist Willkür! In diesem Teilgebiet geht es darum, die Arten
der Gliederung des Wortschatzes zu beschreiben. Sechs Gesichtspunkte bestehen: a)
etymologische Gliederung (Gruppierung der Wörter nach deren historischen Gesichtspunkt
der Abstammung, nach der Grundbedeutung der Wortwurzel=Etymon)=Wortfamilien, b)
Semantische Gliederung, Einteilung des Wortschatzes in Gruppen von Wörtern, die
semantische Gemeinsamkeiten haben = Wortfeld (Farben, Temperaturen, Berufe), c) die
regionale oder diatopische Gliederung ds Wortschatzes = Feststellung und Lokalisierung von
regional verbreiteten Elementen des Wortschatzes. Kann sich auf Existenzformen verteilen
(Umgangssprache, Mundart). Standardsprachen = Überregional, Österreich hat eine eigene
Standardsprache demnach. d) diastratische, soziologische Gliederung: Untersuchung der
spezifischen Wortschätze soziologisch differenzierter Gruppen. Mannigfaltige Gruppen
definieren sich durch die Sprache. Gruppenwortschätze und Fachwortschätze =
Sonderwortschätze von Berufsgruppen, wortschatzbesonderheiten von Interessensgruppen,
Altersgruppen etc. e) historische Gliederung (diachronische Gliederung des Wortschatzes =
zusammenstellung der Bestandteile des Wortschatzes, die zu einem bestimmten Zeitpunkt
veraltend bzw. neu sind. Archaismen z.B. „Eidam“, „Muhme“; Neologismen: keine exakte
Klassifikation, keine ewigen Neologismen, z.B. „Flugzeug“ war vor dem 1. WK ein
Neologismus, es gibt kein Archaismenwörterbuch des Deutschen. f) diaintegrative Gleiderung
der Sprache: Entlehnte oder fremde Wörter in der Sprache = trad. „Fremdwort“. Deutsch ist
synthetische Sprache, daher: ab wann ist etwas „fremd“. Mit der Wortentlehnung ist ein
Prozess der Integration verbunden, Lehnwörter = Fremdwörter, die man nicht als
Fremdwörter erkennt („Mauer“, „Tafel“ etc.).
1.2.4. Onomastik (Namenkunde)

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Onomastik: (Namenkunde, Lehre von den Eigennamen): Eigennamen sind ua. auch
Wortgruppen, daher immer Lexeme. Die O. beschäftigt sich mit Bestimmung, Abgrenzung,
Bildungsweisen und Klassifikation der Eigennamen.
1.2.5. Phraseologie
Phraseologie: Einerseits Phänomen: Objektsprachlich: Phraseologismen
(Wortgruppenlexeme), Wortgruppen, die wie freie freie syntaktische Fügungen aufgebaut
sind, die aber nicht aus der Bedeutung der Bestandteile erschließbar sind („durch die Tür
gehen“, „durch die Lappen gehen“), nur diachronisch erschließbar. Manche Sprachen sind
reich an Phraseologismen – Idiomen. Wie erklärt man: „Kohldampf schieben“? Phraseologie
bestimmt Struktur, Funktion und Klassifizierung der Phraseologismen.
1.2.6. Lexikographie
Lexikographie: Lehre von der Erfassung des Wortschatzes in Wörterbüchern. Möglichkeiten
der Darstellung des Wortschatzes in Wörterbüchern. Ausarbeitung der Wörterbuchtypen,
Anordnung und Charakterisierung des Wortschatzes in den Wörterbuchtypen.
24. März 2004
2. Wortbegriff und Wortstruktur
Für die Linguistik ist das Wort eine umstrittene sprachwissenschaftliche Einheit (siehe
Ebenenmodell Punkt 1.1). Eine Problematik besteht darin, dass das Wort strukturell auflösbar
ist, pragmatisch ist das Wort nicht nötig. Wörter sind immer Morpheme (Kind, Haus, Bach)
oder Morphemverbindungen (Kindheit, Haustür) (= Syntagmen).
Dieser Tatsache steht die allgemeine Bekanntheit des Begriffs „Wort“ gegenüber. Eine
Gesamtdefinition des Wortes gibt es bisher nicht, sie ist theorieabhängig. Es gibt verschiedene
Bestimmungen, die von unterschiedlichen Konzepten ausgehen. Das Problem: keine
Bestimmung ergibt das gleiche wie eine andere. Wir gehen von mindestens vier
Grundbestimmungen aus.
1) phonetisch-phonologisches Wort (Wort als Ausspracheeinheit) durch Pausen,
Lautverbindung im Anlaut und Auslaut, Akzente. Es gibt erlaubte und nicht erlaubte
Lautketten.
2) Graphisches Wort: sprachliche Einheit auf der graphemischen Ebene, die zwischen
zwei Spatien steht. Das Spatium ist nicht „Nichts“. Weil dieser Begriff der
„Normalmenschenbegriff“ ist, sorgte eine vermehrte Getrenntschreibung durch die
Reform 1996 für Aufruhr.
3) Morphologisches Wort: Flexionswort = Gesamtheit der Flexionsformen einer
sprachlichen Einheit, die eine bestimmte morphologische Struktur besitzen.
4) Semantisches Wort = Lexikonwort. Wort als selbständige Bedeutungseinheit, sehr
häufige Bezeichnungsart.
Nicht alle Morpheme sind Wörter und auch nicht alle Syntagmen, sondern nur bestimmte
Arten davon. Hier ist eine strukturelle Definition angebracht.
Die Begriffe
- morphematisch
- semantisch
bilden unsere Ausgangsbasis.

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Morphematisch/Strukturell:
Wörter sind autonome Morpheme = selbständige bedeutungstragende Einheiten (Kind, Tisch,
etc.).
Daneben gibt es z.B. –heit, -keit, -ung. (Kind Kindheit). als nicht autonome Morpheme: sie
sind kleinste Einheiten (aber keine Wörter!)
autonome Morpheme: Kind, Tisch, Straße (Morpheme + Wörter).
Diese Morpheme können zu Verbindungen kombiniert werden, z.B. feste
Morphemverbindungen.
Feste Morphemverbindung: Morpheme, die eine einheitliche Semantik besitzen und als
ganzes verschiebbar sind (Ladung, Kindheit).
Autonome Wortgruppen: Phraseologismen, deren Bedeutung nicht aus den Bestandteilen
entsteht (z.B. „durch die Lappen gehen“).
Freie Wortgruppen: z. B. „durch die Tür gehen“, Verbindungen in Sätzen.
Sätze
Texte
Wörter sind demnach Morphemverbindungen oder Morpheme.
Semantisches Wort:
Ein Wort ist die kleinste selbständig bedeutungstragende und semantisch isolierbare
Bedeutungseinheit.
Problematik: Abgrenzung zu nicht autonomen Morphemen. Inwiefern ist der Artikel ein
Wort? Er erfüllt beide Definitionen nicht, trägt keine eigenständige Bedeutung und ist nur ein
grammatisches Morphem wie „-er“ in „Männer“ oder „Hühner“. Im Schwedischen ist der
Artikel nachgestellt, aus „hus“ wird „huset“.
Hilfsverben erfüllen die Kriterien ebenfalls nicht, denn semantisch ist „habe“ in „ich habe
gerufen“ ohne Bedeutung.
Suppletivformen: sind ein Spezifikum der deutschen Morpholie, das sind verschiedene Wörter
in einem einzigen Paradigma: sein, bin, ist, sind, war. Dabei handelt es sich aber um ein
diachronisches Problem.
Daher grenzt die Lexikologie den Begriff „Wort“ ein, und behandelt nur die Autosemantika
(Substantiv, Adjektiv, Verb). Die Synsemantika gehören nicht zu diesem Gegenstand.
Andererseits geht die Lexikologie über die Grenzen hinaus auf Einheiten, die strukturell
Wortgruppen sind, aber faktisch Lexeme (Phraseologismen).
Lexem sind: Ein-Wort-Lexeme und Wortgruppenlexeme.

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Das Wort ist Morphem oder Morphemverbindung => Bestimmung der Art dieser
Kombination:
Möglichkeiten der Kombination umfassen drei Klassen.
- Grundmorphem, autonome Morpheme: diese Klasse ist offen, nicht aufzählbar.
- Wortbildungsmorpheme, Affixe
o Präfixe = aufzählbare Gruppe
o Suffixe = aufzählbare Gruppe
- Flexionsmorpheme
Wortbildungsmorpheme und Flexionsmorpheme sind nicht autonome Morpheme.
erstens: Wörter sind Grundmorphem, z.B. „Fisch“ und
zweitens: Kombinationen von Grundmorphemen: „Fensterbank“.
Deutsch ist die wortbildungsfreudigste europäische Sprache, andere Sprachen müssen
syntaktisch arbeiten.
drittens: Grundmorphem+Suffix („Fisch-er“)
viertens: Präfix+Grundmorphem („ent-laden“)
alle Kombinationen: Grammatisches Morphem: des Fischers = des Fisch-er-s.
Begriff der Konstituente: Bestandteil strukturierter Wörter: „Fenster-Bank“ = zwei
Konstitutenten.
Stamm:
Meist die Form des Wortes ohne grammatisches Morphem, z.B. „Fisch“ bei „Fisch-er“.
„Fischer+Nullmorphem“ = Fischer (Plural)!
Basis:
Form des Wortes, de sich mit Wortbildungsmorphemen verbinden kann. z.B. „Kind“ in
Bezug auf Kindheit, z.B. „Ladung“ in Bezug auf Entladung.
3. Wortbildungslehre
3.1. Wesen und Ursachen der Wortbildung
Wortbildung ist die Bildung neuer Wörter durch Kombinationen vorhandener Wörter oder mit
Wortbildungselementen nach bestimmten Strukturtypen oder Mustern. Bei dieser Verbindung
entsteht ein neues Wort, das mit der Bedeutung der Konstituenten eine Beziehung aufweist =
Morphematische Motivatin, z.B. „Tischbein“. Wörter selbst sind nicht motiviert. Die
Bedeutung sprachlicher Zeichen ist arbiträr oder willkürlich. Dass ein Denotat mit „Tisch“
bezeichnet wird, ist willkürlich.
Es existieren drei Ausnahmen
- morphematische Motivation: besteht darin, dass die Elemente nach bestehenden
Strukturtypen zusammentreten und Bedeutung verursachen. Der Motiviertheitsgrad
kann unterschiedlich sein (Durchschaubarkeit der Benennungsmotive). Oft sind
Benennungsmotive verdunkelt, verblasst. Abstufung der Benennungsmotive in Bezug
auf den Grad der Motivation, die den Prozess der Idiomatisierung verdeutlicht.
o völlige Durchschaubarkeit (z.B. „Tischbein“)

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o noch Durchschaubarkeit, partielle Demotivierung. Summe ist mehr als die
einzelnen Teile. Vokabel kann nur ganz erfasst werden: Handtuch, fabelhaft,
Großmutter. Bsp. „fabelhaft“: in der Art einer Fabel = hervorragend.
o weitestgehende Demotivierung, Nichtableitbarkeit der Gesamtbedeutung durch
die Wortbildungselemente. Idiome: Augenblick, Buchhalter, Eigenbrötler,
hintergehen, Bräutigam (Was ist „gam“?); Himbeere (Was ist „him“?)
- semantische Motivation: ein Wortformativ wird zur Bezeichnung eines anderen
Denotats benutzt, aufgrund gemeinsamer Merkmale der neu bezeichneten Gegebenheit
mit der schon vorhandenen Wortbildung. z.B. „Schlange“ – metaphorische
Bedeutungsübertragung. Dabei entsteht Polysemie, was ein ökonomisch sparsamer
Vorgang ist, z.B. „Linse“. Andere Sorte semantischer Motivation (Haus, Schule,
Kopf) ist die metonymisce Bedeutungsübertragung.
- phonetische Motivation: besteht darin, dass die Bedeutung motiviert ist, dass mit
bestimmten Formativen Bedeutungszusammenhänge imitiert werden:
Onomatopoetika.
Die Wortbildung aus vorhandenen Worten ist die wichtigste Möglichkeit bei der Wortbildung
unserer Sprache, das spricht sehr für die Sprache. Die Vokabeln sind schon da und sie werden
rekombiniert. Andere Möglichkeiten wären die Entlehnung oder Bedeutungswandel.
Es gibt bestimmte Strukturmodelle, die man Wortbildungsarten nennt. Wieder klassifiziert
nach der Beschaffenheit ihrer Konstituenten und deren Beziehung. Demnach unterscheidet
man folgende drei Arten (bzw. vier):
- Kombination von Grundmorphemen bzw. Stämmen = Komposition,
Zusammensetzung
- Kombination von Grundmorphemen bzw. Stämmen mit Wortbildungsmorphemen =
explizite Derivation, bzw. Ableitung, mit wiederum zwei Möglichkeiten
o Suffigierung: Morpheme, die dem Grundmorphem nachgestellt werden wie in
„Kindheit“, „tragbar“.
o Präfigierung: Morpheme, die dem Grundmorphem vorangestellt werden.
- Überführung von Grundmorphemen in eine andere Wortart ohne
Wortbildungsmorpheme = Wortbildung ohne Wortbildungsmorphem
o mit formaler Veränderung (implizite Ableitung wie „gehen – Gang“)
o ohne formale Veränderung (Konversion, wie „essen – das Essen“)
- Sonderart der Kurzwortbildung: Entstehung lexikalischer Einheiten durch Weglassen
und Zusammenfügen bestimmter Teile von Wörtern oder Wortverbindungen: Kripo,
Akku, Kfz. Die Semantik ist identisch, die Form verschieden. Eine Kurzwortbildung
kann verursachen, dass die Vollform verloren geht.
Diese Wortbildungsarten können nun weiter Subklassifiziert werden, nach Hierarchien der
Konstituenten, semantischen Beziehungen usw.
Ursachen der Wortbildung:
Ergeben sich aus den Gründen der Wortschatzerweiterung. Mehrzahl aller Wörter entsteht
durch Wortbildung. Gründe für die Wortentstehung sind mannigfaltig. Hauptgrund:
Benennungsbedürftnis, die Erfordernis, Bezeichnungslücken zu schließen: Beziehung,
Produkte, Institutionen. Man kann über die Realität nicht sprechen, wenn sie sprachlich nicht
verbalisiert ist. Das Benennungsbedürfnis besteht ununterbrochen. Täglich. Immer. Ständig.
Ohne Fachwortschätze ist die Zahl der ausgeschiedenen und neuen Wörter etwa im
Gleichgewicht.

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Spezifische Gründe: Bedürfnis, vorhandene Bezeichnungen zu ersetzen und zu ergänzen.
Pragmatische Gründe: Wandel von Fremdarbeiter – Gastarbeiter – ausländische Mitbürger;
Altersheim – Feierabendheim – Seniorenheim.
Sprachökonomie: Rundtischgespräch.
Expressivität und Ausdrucksstärke: sauber – blitzsauber, reaktionär – erzreaktionär.
Okkasionalismen: sonnensauber, windfrisch.
31. März 2003
3.2. Arten der Wortbildung
3.2.1. Zusammensetzung (Komposition)
a) Wesen der Zusammensetzung: Die Komposition ist eine Wortbildungsart, bei der durch die
Verbindung von zwei oder mehreren Stämmen (Grundmorphemen) ein neues Wort entsteht.
Komposita sind in der Regel binär strukturiert, d.h. ihre unmittelbaren Konstituenten sind
zweigliedrig angeordnet.
Eisenbahnverwaltung
Stamm
Stamm
GM GM
Stamm Suffix
Präfix GM
Das Kompositum stellt aus der Wortgruppe eine eigenständige Größe dar, die formal und
auch semantisch nicht mehr mit der freien Wortgruppe identisch ist. Ein Hauptakzent auf der
ersten Silbe, ortographische Zusammenschreibung, grammatisch werden Wortart und Genus
durch die zweite unmittelbare Konstituente bestimmt. Ebenso wird nur die zweite
unmittelbare Konstituente flektiert. Semantisch stellt das Kompositum eine neue begriffliche
Einheit dar, die sich auf ein neues Denotat bezieht. Innerhalb des Kompositums besteht die
Tendenz zur Demotivierung (Arbeitsschutz, Sonnenschutz).
b) Klassifikation der Zusammensetzung:
In der Wortbildungslehre werden zwei Möglichkeiten der Klassifikation unterschieden
– nach dem semantischen Verhältnis der unmittelbaren Konstituenten von Komposita
(semantisch-syntaktische Klassifikation).
– nach den formalen Verfahren der Zusammensetzung und den
Kombinationsmöglichkeiten der Wortarten (morphologisch).
semantisch-syntaktische Klassifikation:
nach dem semantischen Verhältnis unterscheidet man die
Determinativ-Komposita und die Subordinierende Beziehung der unmittelbaren Konstituente.
Kopulativ-Komposita: Koordinierende Beziehung der beiden unmittelbaren Konstituenten.
Diese Klassifikation bezieht sich auf Substandiva und Adjektiva.
Determinativ-Komposita: größte Gruppe der Zusammensetzung (äußerst Produktiv im
Deutschen). Die erste der beiden Konstituenten determiniert die zweite unmittelbare
Konstituente semantisch und schränkt ihren Denotationsbereich ein. Die erste UK =
Bestimmungswort, die Zweite UK = Grundwort. Die Semantik ist zu mannigfaltig und hat die
Determinativkomposita noch nicht beschrieben. Bei den Determinativkomposita kann man
noch Sondergruppen unterscheiden, z.B

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- Zusammenbildungen: Die erste UK stellt ursprünglich eine Wortgruppe dar und stellt
kein Wort dar (4-Sterne-Hotel).
- Passivkomposita (Exozentrische Komposita): Das Grundwort bezeichnet nicht immer
eine genaue Gattung, sondern es bezeichnet den Besitzer dessen, was in ihm
ausgedrückt wird (z.B. Rotkäppchen).
Kopulativ-Komposita: kleinere Anzahl: Koordinierende oder parataktische R…. von den
Konstituenten. die Konstituenten müssen der gleichen Wortart angehören (Strichpunkt,
taubstumm, Strumpfhose). Ihre Reihenfolge ist prinzipiell vertauschbar, je nach Grad der
Usualisierungen.
morphologische Klassifizierung (formales Verfahren):
Möglichkeiten: Zusammensetzungen ohne/mit Fugenelement (eine spannende Sache!)
- Zusammensetzung ohne Fugenelement: Historisch älter, älteste Form der Komposition
des Deutschen. Jacob Grimm (Gründer dieser Wissenschaft) nennt diese
Zusammensetzung „eigentliche oder echte“ Komposition (synchronisch gesehen ist
das Nonsens).
- Zusammensetzung mit Fugenelement (jünger): zwischen dem 1. und 2. Glied tritt ein
Fugenelement auf, das ein Rudiment der Flexion des ersten Elements sein kann: Tag-
es-licht. „es“ ist Fugenelement, häufig eine Flexionsform des 1. Gliedes.
In der Verbindung sind die Fugenelemente keine Morpheme sondern „Kitt“ einer
Verbindung. Rudimentäre Flexionsformen gilt nicht für alle Elemente, auch dort, wo sie nie
in der Flexion auftreten, z.B. Arbeitslast.
- ohne Fugenelement (älter).
4 Fugenelemente bei substantivischen Komposita:
[-e-]: Gästehaus, Hundesteuer
[-en-]: Genetiv Sg. Maskulin: Sonnenstrahl, Wüstensand.
[-er-]: Kinderfreund, Götterspeise
[-s-, -es-]: Siegesfest, Jahresanfang, Ansichtskarten.
Das Fugenelement ist synchronisch kein Morphem, es trägt weder lexikalische noch
grammatische Bedeutung.
Sonderfall der Zusammensetzung ist die Zusammenrückung: Die Grundmorpheme folgen
nicht der Struktur von Zusammensetzung = Satznamen = Substantivierte Satzbausteine:
Taugenichts, Gernegroß, Stelldichein; Rührmichnichtan, Vergißmeinnicht. Das geht in die
Nähe der Phraseologismen.
3.2.2. Ableitung (Derivation)
a) Wesen der Ableitung: Verbindung von Grundmorphem mit Wortbildungsmorphem.
Autonome + Nichtautonome Morpheme. Suffigierung und Präfigierung sind Explizite
Ableitung gegenüber der Impliziten Ableitung.
explizite Ableitung: Nichtautonome Morpheme treten an selbständige Stelle.
implizite Ableitung: Nullmorphem (nur formale Änderung des Grundmorphems)

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Suffigierung und Präfigierung sind ebenfalls sehr produktive Wortbildungsformen. Die
Suffigierung hat eine Domäne im Nominalen Bereich. Die Präfigierung hat ihre Domäne im
verbalen Bereich.
b) Suffigierung (Charakterisierung und Abgrenzung)
Als Teil der expliziten Ableitung werden die Stämme mit Suffixen verbunden, die rechts an
den Stamm angefügt werden, die dem Grundmorphem nachgestellt werden. Dabei können
auch komplexe Wortstrukturen beteiligt sein (z.B. Hauswirtschaftlichkeit). Suffixe können
gleichzeitig eine Überführung in eine andere Wortart bewirken. Wortartwechsel der Basis.
sandig = GMs + Suff. s=>a
tragbar = GMv + Suff. v=>a
Freiheit = GMa + Suff. a=>s
Suffixe haben diese Fähigkeit der Überführung von Wortarten. Es gibt auch Suffigierungen
ohne Wortartveränderungen, aber mit semantischer Änderung: „-in“ (Movierungssuffix), z.B.
Lehrer-in.
Abgrenzung der Suffigierung von der Zusammensetzung:
Autonome + Nichtautonome und autonome + autonome Morpheme. Das Modell (Ableitung)
historisch identisch, mehr und mehr Entwicklung des Suffix (-heit- > heidus (= Art, Weise)).
Es gehen eigenständige Wörter allmählich zu Suffixen über. „-kraft“, „-werk“, „-zeug“, „-
mann“; Lehrkraft, Schuhwerk, Steuermann, Flugzeug. Halbsuffixe oder Suffixoide sind
Elemente, die die Grenze zw. Zusammensetzung und Suffixierung verschwinden lassen.
Paradefall ist „mäßig“, als Suffixoid.
Die Abgrenzung zum einfachen Wort: Ein Morphem kann nur dann als Suffix bezeichnet
werden, wenn es in der Sprache noch produktiv ist. Wenn nicht, hat man Probleme.
Grenzfälle sind Übergangsformen: „-sal“, „-t“, „-e“ (Zierde, Freude); Genaugenommen sind
das keine Ableitungen mehr, weil die Suffixe nur mehr historisch identifizierbar sind.
Das gilt auch für die Basis, es muss noch produktiv sein: emsig, hurtig, tüchtig, heftig, denn
was ist: „ems“, „haft“, „hurt“?
21. April 2004
zur Suffigierung
a) Morphologische Klassifikation der Suffigierung
Man unterscheidet: substantivische Ableitungen (-ung, -heit, -keit, -er), z.B. kühn –
Kühnheit (GM
A
+ Suff
A-S
= Kühnheit), (GM
V
+ Suffix
V-S
= Lehrer)
Suffixe treten vor allem bei Nomina und Adjektiva auf, charakteristische Adjektivsuffixe
sind z.B. –bar: GM
V
+ Suffix
V-A
= drehbar.
Es gibt nur das Verbalsuffix „-en“, weiters gibt es Adverbialsuffixe (-weise, -lings, -s).
b) semantische Klassifikation:
Suffigierung in Bedeutungsgruppen und Zuordnung in Klassen. Mehrfachbedeutungen,
Polysemie der Suffixe.
drehbar – kann gedreht werden (Umschreibung)
Zwei Beispiele für die semantische Klassifikation:
Suffix: -er
Suffixe: -chen, -lein (zwei Diminutivsuffixe des Deutschen)

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zunächst „-er“: lateinisches Lehnsuffix (lat. arius), polysem, besitzt Homonymie (das
Pluralmorphem). Substantivsuffix, das sich mit Basen verbinden lässt: Verb, Substantiv,
Adjektiv, Numerale.
Es gibt fünf Bedeutungsgruppen:
1. Nomina agentis: vor allem mit verbaler Basis verbunden (Lehrer, Fahrer)
2. Bezeichnung für Werkzeuge: Korkenzieher, Leuchte, Klammer, Schieber – sind
ursprüngliche Nomina agentis
3. Tätigkeitsbezeichnungen (nicht ganz richtig): Walzer, Triller, Hopser, Krächzer.
4. Personale Herkunftsbezeichnungen von Orts und Ländernamen: Deutscher, Wiener
etc.
5. „Sachbezeichnungen“: Restgruppe: Unterschiedliche semantische Richtungen:
Dampfer, Kreuzer, Taler
Suffixe der Diminutiva: -chen: niederdeutsch, -lein: oberdeutsch; sind fakultativ.
3. Die Präfigierung: Verbindung von Grundmorphemen mit einem Nichtautonomen
Wortbildungsmorphem, wobei das Präfix die erste unmittelbare Konstituente bildet. Das
Hauptanwendungsgebiet ist die Wortbildung des Verbs. Zweiter Unterschied zur
Suffigierung: nicht an bestimmte Wortarten gebunden; Präfixe bedeuten keinen
Wortartwechsel: Präfixe können den Hauptakzent im Wort tragen.
Ent-laden = Präfigierung
An-fahren = Präfigierung oder Zusammensetzung mit Präposition.
herauf-kommen = eher Kombination mit Adjektiv.
Die Grenzziehung ist schwierig, die Semantik der deutschen Präfixe ist nicht systematisch
beschrieben.
Präfixoide oder Halbpräfixe: Abstufung in Bezug auf die sebständige Bedeutung: Mord,
Riese, Bombe, Stock, Haupt… werden nach und nach zu Präfixen.
Die Werbung kreiert solche Präfixe als Okkasionalismen.
bei vergessen, erquicken, verdrießen: Basis der Präfigierung ist verlorengegangen.
Klassifikation: wie bei der Suffigierung: Man kann nicht nach Wortarten vorgehen, Formale
und Morphologische und Semantische Klassifikation der Präfigierung.
Freie Homonyme sind neue Präpositionen, aber sie können auch Adverbien sein: totlachen,
preisgeben, wundernehmen sind beispielhafte Grenzfälle.
Viele Präfixbildungen gehören zu den trennbaren Verben: übersetzen, übersetzen; Trennbare
Verben sind eine Spezifik der deutschen Wortbildung.
Semantische Klassifikation: Semantische Relation zwischen Präfix und Basis ist vielfältig:
be-, ent-, er-, ver-, zer-;
Was bedeutet das Präfix „be“? Beflügeln, beflaggen, besohlen, begütert, bemittelt, bebrillt,
besiegen, etc.
- „versehen mit etwas“: be-decken = mit einer Decke versehen; be-siegen mit einem
Sieg versehen.
ent-: „weg von etwas“ (Basis)
er-: ermüden, ergrimmen – bezeichnen der In…achsen
bezeichnen des Erreichens durch die in der Basis ausgedrückte Tätigkeit: erbitten,
erflehen,
ver-: Vielfältigster Bedeutungsinhalt: Versehen mit dem in der Basis ausgedrückten
(vergolden); Bezeichnung des Abweichens von dem in der Basis ausgedrückten (verrechnen,

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sich verhören, verlaufen); Bezeichnung der Aufhebung (verlernen, verachten); Beseitigung
von etwas; Bereicherung der …
zer-: einheitliche Bedeutung: etwas das Adverb „auseinander“: zerbrechen, zerlegen,
zerfallen.
3.2.3. Kurzwortbildung
Prozess der Kürzung der Vollformen eines Wortes oder einer Wortgruppe und dem Ergebnis,
das Kurzwort oder die Abkürzung. Dieses Verfahren unterscheidet sich von der bisher
betrachteten Form der Abkürzung. Es tritt kein Wortartwechsel noch eine semantische
Modifikation gegenüber der Vollform ein. Es entsteht zunächst kein neues Wort, sondern nur
eine Wortvariante. Diese mit der Vollform gleichbedeutende Wortvariante dient der
Rationalisierung der Kommunikation und schränkt auf Dauer die Vollform ein oder verdrängt
sie ganz. Die Abkürzung gibt es seit dem Ahd. und ihre Zahl nimmt immer mehr zu.
Abkürzungswörterbücher mit bis zu 60000 Einträgen (Kobler-Trill Diss. Tübingen).
Von vielen Kurzformen aus Fremdsprachen sind die Vollformen unbekannt: AIDS, BSE,
PIN, die Kurzformen entstehen aus Wortbildungen und Wortgruppen. Die Kurzformen
können ihrerseits wieder Bestandteile von Wortbildungskonstruktionen werden.
90% der Kurzwörter sind Initialkurzwörter.
28. April 2004
4. Wortbedeutungslehre
Die Wortbedeutungslehre beschäftigt sich mit der Bedeutungsseite der bilateralen
Bedeutungseinheit Wort oder Wortgruppe. Gegenstand ist die Untersuchung des Wesens, der
Struktur und der Entwicklung von Wortbedeutung, sowie die Beziehungen, die zwischen der
Bedeutung von Wörtern im System oder Text entstehen.
4.1. Wesen und Determiniertheit der Bedeutung
=> Sprachliches Zeichen. Das sprachliche Zeichen ist Einheit einer Formseite (Formativ) und
einer Inhaltsseite (Bedeutung). Die Einheit ist die Grundlage des Funktionierens der Sprache
als Kommunikationsmittel. Beider Kommunikation werden Formative übermittelt und vom
Empfänger werden die Inhalte wieder zugeordnet.
(F, B) Sender => Signal => (F,B) Empfänger
Kommunikation ist nicht der Austausch von Informationen, sondern deren Reproduktion!
Wäre es nur Informationsaustausch, gäbe es niemals Mißverständnisse.
Das Formativ existiert auf zweifache Weise: als Bewußtseinsinterne Größe, als Abbild einer
Vielzahl grafischer und lautlicher Realisierungen und konkret im Sprechakt als realisierte
Laut- und Buchstabenfolge. Die „Parole“ ist durch situative Merkmale gekennzeichnet. Auch
bei der grafischen Seite gibt es viele Unterschiede in der Realisierung, dahinter steht aber das
gleiche abstrakte Graphem.
Die Bedeutung des Zeichens existiert nur im Bewußtsein. Dieser gedankliche Inhalt kann die
unendlich sprachlichen Gegebenheiten der Welt verallgemeinert abbilden = Objektabbild,

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während die Buchstabenfolge Signalabbild ist. Ein Formativ „Baum“ hat die Bedeutung eines
allgemeinen Baums. Das Gehirn bildet die Klasse der Bäume als Abbild ab.
Die Bedeutung ist ein gedanklicher Inhalt, der letztlich die Welt abbildet, sie ist ein
allgemeines Abbild von Gegebenheiten der uns umgebenden Welt im Bewusstsein der
Angehörigen einer Sprachgemeinschaft das traditionell mit einem Formativ zur Einheit des
sprachlichen Zeichens verbunden ist. (Siehe Definition bei Thea Schippan, S. 5)
Da die Lexikologie sich mit dem Wort befasst, liegt hier die Beschäftigung mit der
Wortbedeutung nahe. Das gilt nicht für alle sprachlichen Zeichen. Speziell für die
Wortbedeutung gilt:
a) lexikalische Bedeutung, die durch das Grundmorphem und die
Wortbildungsmorpheme ausgedrückt wird (Kind, Haus)
b) grammatische Bedeutung, die durch die grammatischen Morpheme ausgedrückt wird:
Kind-er = Pluralbedeutung.
Die lexikalische Bedeutung stellt ein Abbild von Gegebenheiten dar, während die
grammatische Bedeutung die Beziehung eines Worts zu anderen sprachlichen Einheiten
darstellt.
Verbindung von Formativ und Bedeutung ist arbiträr, willkürlich. Zwar ist sie obligatorisch,
aber willkürlich, weil die Verbindung in verschiedenen Sprachen völlig unterschiedlich ist. Es
gibt drei Ausnahmen: Motivation = das Vorhandensein einer Ursache für die Verbindung von
Formativ und Wort: Phonetisch (Onomatopoetika), Morphematische Motivation, Semantische
Motivation.
Ein letztes: Gesellschaftliche Determiniertheit der Bedeutung. Jede Sprachgemeinschaft ist
ein vielschichtiges Gebilde, das sehr differenziert ist. Streit in Geschichte und Philosophie
über ideologische Bedeutung (z.B. „Freiheit“). Es gibt eine gesellschaftliche Determiniertheit,
ein Kern bleibt gewahrt.
4.2. Struktur der Bedeutung (Semasiologie)
Wenn wir das Abbild betrachten wollen, wollen wir von einer dreifachen Strukturierung
ausgehen:
a) Differenzierung der Wortbedeutung (Struktur der Lexeme/Wörter).
Ein Wort/Lexem hat oft mehrere Bedeutungen = einem Formativ sind mehrere Abbilder
zugeordnet, die sich auf unterschiedliche Begebenheiten beziehen. Diese verschiedenen
Bedeutungen nennt man „Sememe“.
LINSE (L
F
) => S
1
(Hülsenfrucht) => S
2
(Glaskörper).
Zwei unterschiedliche Denotate liegen vor.
FLÜGEL (L
F
) =>
S
1
(Teil eines Tieres)
S
2
(Tragflächen eines Flugzeuges)
S
3
(Bewegliche Teile eines Fensters)
S
4
(Seitengebäude)
S
5
(Teil einer militärischen oder sportlichen Formation)
S
6
(Politische Gruppe innerhalb einer Organisation)
S
7
(Musikinstrument)

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Ist das nun ein Wort mit mehreren Sememen oder sind es sieben Wörter?
Semem (n. Greimas). Hier liegt Polysemie vor, eine normale Eigenschaft sprachlicher
Zeichen. Keine 1:1 Bezeichnung für eine Formativ Beziehung.
Die Mehrheit der sprachlichen Zeichen ist polysem. Diese Mehrfachbedeutung besteht in
der Regel nur im System (Ebene der „langue“). In der Kommunikation wird das Lexem
monosemiert.
Wir unterscheiden bei der Differenzierung zwischen potenzieller Bedeutung und aktueller
Bedeutung. Aktuelle Bedeutung ist die jeweils realisierte Variante. Man unterscheidet
weiters zwischen Hauptbedeutung und Nebenbedeutung, sowie zwischen konkreter und
übertragener Bedeutung.
Bsp. GRÜN =>
S
1
(HB) Polysemes Wort, dessen Hauptbedeutung S
1
eine Farbbezeichnung ist. Bei der
Bedeutung von Farbbezeichnungen funktioniert die Semasiologie ja nicht.
S
2
(NB, unreif)
S
3
(NB, roh)
S
4
(NB, frisch)
S
5
(NB, geistig unreif, unerfahren)
S
6
(NB, wohlgesinnt)
S
7
(NB, zur Grünen Partei gehörend)
S
2
bis S
4
sind konkrete Sememe, die übrigen sind die übertragenen Bedeutungen.
b) Struktur der Sememe
Die einzelnen Sememe sind in sich weiterstrukturiert. Man wird mit dem Formativ
„Baum“ alle Bäume meinen, mit „Tisch“ alle Tische, würde das schwierig.
Wir verallgemeinern die Gegebenheit auf Grund von Klassenbildung.
Umgekehrt müssen aus den Klassen Merkmale herauspräpariert werden können, aus dem
sich die Gegebenheiten aufbauen. Diese semantischen Merkmale sind die SEME =
konstituierende Bausteine von Sememen, diese sind die Bausteine von Lexemen.
Die Phoneme einer Sprache kann man in bestimmte Merkmale zerlegen: stimmhaft –
stimmlos; Deren Zahl ist begrenzt, daraus bestehen sämtliche Laute der Sprachen der
Erde. Leider hat sich dieses System nicht auf die Bestandteile der Wörter umlegen lassen.
Definition der SEME: sie stellen Abbildelemente dar, die die wichtigsten für die
Identifizierung und Unterscheidung der jeweiligen Gegebenheiten unerlässlichen
Eigenschaften umfassen. Nur die Elemente sind Seme, die unerlässlich sind und
identifizierend sind. Die Seme sind Ergebnisse der menschlichen Abstraktionstätigkeit,
die Bestandteile von Abbildern im Prozess widerspiegelnder Tätigkeit der Menschen.
Entsprechen den Kommunikationsbedürfnissen und das heißt, dass sie sich mit dem
Erkenntnisstand verändern.
Die Bedeutungen der Seme innerhalb einer Sprachgemeinschaft sind je nach dem
Erkenntnisstand unterschiedlich, z.B. Pferd: Lebewesen, Tier, Huftier, domestiziert, nicht
gestreift. Diese Seme entsprechen mitnichten dem wissenschaftlichen Begriff Pferd aus
der Biologie. Seme sind das gesellschaftliche Durchschnittswissen.
5. Mai 2004
1. Struktur der Lexeme (Sememe)

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2. Struktur der Sememe (= Abbilder in den Köpfen sind nicht fotographischer Natur, denn
dann wäre Kommunikation nicht möglich)
3. Arten der Seme/Komponenten der Bedeutung
Umstritten, ob Arten von Semen unterscheidbar sind und wie sie beschaffen sind. Es gibt
Wörter, die nicht nur eine Gegebenheit abbilden (Baum, Tisch), sondern in deren Bedeutung
mehr steckt.
<Krieger> Person, die im Interesse von jemand zu einer bewaffneten Organisation gehört
archaisch sind hier mehrere Konnotationen möglich
<Konzentrationslager> neutrale Bezeichnung eines größeren Gefängnisses – weitaus mehr
steckt aber hier historisch bedingt dahinter.
Unterscheidung zweier Arten von Semen/Komponenten der Bedeutung
a) die die Gegebenheit der Welt abbilden: Denotative Seme
b) ein Sem, das eine bestimmte Haltung zu einem Denotat ausdrückt: Konnotative Seme
ð einfügen: Skizze der Beziehung zw. konnotativen und denotativen Semen
4.3. Neuere Auffassungen zum Wesen und zur Struktur der Bedeutung
Analytische Bedeutungskonzeption geht auf die französischen Linguisten der 1960er zurück:
Greimas, Pottier. Sie ist in Analogie zur von der Prager Schule entwickelten Phonologie
entstanden. Wie man dort die Lautsegmente in kleinste Merkmale zerlegte, wollte man das
auch mit Bedeutungselementen. Der Anspruch erwies sich als nicht überall anwendbar. Neue
Bedeutungskonzepte wurden gesucht. Die Grenzen zeigen sich: Wortbedeutungen haben eine
Vagheit, die eine eindeutige Merkmalfestlegung nicht zulassen. Stuhl/Sessel, Baum/Strauch
überlappen sich. Bedeutungen haben eine Kontextabhängigkeit, b. d. Synsemantika (ich, dort,
wann). Wittgenstein sagte: „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch.“ Bestimmte
Wortschatzbereiche sind der Analyse distinktiver Merkmale schwer zugänglich, vor allem
Abstrakta. Auch bei den Farbadjektiven ist man hilflos. Je höher der Abstraktionsgrad ist,
desto schwieriger wird ein Beschreibungsversuch.
Bei der Sem-Analyse hat sich durch die kognitive Linguistik vieles entwickelt (Psycho-
Linguistik): Prototypensemantik (Theorie), Frame-Theorie, Stereotypensemantik.
Prototypensemantik: Eine Art Gegenkonzept (Nebenkonzept) zur analytischer
Bedeutungskonzeption => holistische Bedeutungskonzeption. Es handelt sich um die
Zuordnung von Einzelwörtern zu den besten Vertretern einer Klasse oder Kategorie =
Prototyp. Man geht davon aus, dass Wortbedeutung als Ganzheiten gespeichert werden.
Prototypische Bedeutung sind die Basisebene. An den prototypischen Vertretern orientiert
sich die Bedeutung der übrigen Vertreter eines Denotatsbereichs. Das Zentrum ist der
Prototyp. Der Prototyp des Fahrzeuges ist das Auto. Es handelt sich um eine Feldgliederung
des Wortschatzes mit prototypischen Vertretern für ein Feld. Mit den typischen Merkmalen ist
man wieder bei der analytischen Konzeption. Der Prototypische Vertreter wir in der
Ontogenese des Kindes zuerst erworben: alles Runde = Ball. die Analytische Konzeption gilt
nach wie vor als Grundlage.
4.4. Polysemie und Homonymie

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Zwischen Formseite und Bedeutungsseite gibt es keine 1:1 Verbindung. Mehrheit der Wörter
hat mehrere Sememe zu einem Formativ. Die nicht 1:1 Beziehung von Formativ und
Bedeutung kann von beiden Seiten ausgehen. Linse, Fuchs, Pferd, Bremse: 1 Formseite,
mehrere Bedeutungen oder 1 Semem (Denotat, dessen sprachliche Bedeutungen mehreren
Formativen zugeordnet werden - Synonymie) und mehrere Formative: Ehemann, Gatte,
Gemahl.
1 Formativ/mehrere Sememe: bei der Mehrfachnennung sind zwei Arten zu unterscheiden:
Polysemie: L
F
(Linse)
ð S
1
ð S
2
Ein Wort und mehrere Bedeutungen, die unterschiedliche Denotate abbilden.
Homonymie:
L
F
– S
1
(Bremse)
L
F
– S
2
(Bremse)
Zwei verschiedene Wörter, mit dem gleichen Formativ. Dieser Unterschied ist wesentlich bei
dem Aufbau von Wörterbüchern.
Die Kriterien zur Unterscheidung von Polysemie und Homonymie sind umstritten.
1. Kriterium: Semantik (Hauptkriterium). Setzt eine semantische Analyse voraus,
Ermittlung der Gemeinsamkeiten der Sememe (Gemeinsame Seme), z.B. gemeinsame
Merkmale der Form. Bei Gemeinsamkeiten spricht man von Polysemie, ohne
Gemeinsamkeiten von Homonymie.
Das Formativ <Hahn> ist mehrdeutig und hat mindestens zwei Sememe. Synchronisch sind
sie Homogen, historisch ist das eine aus dem anderen hervorgegangen.
Streitfall: <Schimmel> (Wie ist dieses Wort im Wörterbuch gesetzt?)
2. Morphologisches Kriterium ist Indiz für Homonymie: Unterschiede im Genus,
Pluralbildung. Bände – Bänder; Mütter – Muttern; sowie Unterschiede imWortlaut:
essen – das Essen.
3. etymologisches Kriterium, ist für synchrone Sprachbetrachtung irrelevant.
homonymie zwischen Bank – Bank (ital. banca); Kiefer – Kiefer (ahd. kienfohra), Miete
(Lohn) – Miete (Fruchtgrube zur Überwinterung des Gemüses, lat. meta = Grube).
19. Mai 2004
5. Bedeutungsbeziehungen im System und im Text
Lexeme sind in unserem Bewusstsein nicht als ungeordnete Mengen einzelner Einheiten
gespeichert, sondern in ihren funktionalen Zusammenhängen, die letztlich wieder ihre
Vorkommensweisen in Texten zusammenhängen.
Semant. Beziehungen sind Resultate kontinuierlicher sprachl. Tätigkeit, Beziehungen von
Wörtern, die immer wieder miteinander vorkommen behalten wir in unseren Köpfen
Saussure: 2 Arten von Beziehungen zw. sprachl. Einheiten:
5.1. Paradigmatische und syntagmatische Beziehungen (Übersicht)
Beide Arten von Beziehungen bedingen einander, vg. horizontale und vertikale Bez.

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jedes Lexem hat best. Eigenschaften, sowohl spezifische als auch solche, die es mit anderen
Lexemen gemeinsam hat.
Aufgrund dieser gemeinsamen Eigenschaften (gleicher Denotatsbereich, gleiche Wortart,…)
steht das Lexem mit anderen in einer Reihe, bildet mit anderen ein Paradigma, dessen
Elemente die gleiche Position im Satz einnehmen können.
paradigmat. Bez. bestehen also zw. lexikal. Einheiten, die aufgrund ihrer gemeinsamen
Eigenschaften die gleiche Position im Satz einnehmen können.
Klassifizierung der Eigenschaften sehr komplex und vielfältig
Konkreta und Abstrakta, Appelative (Kollektiva, zählbare Individuativa), ganze Hierarchie,
bis hinunter zu kleinen Gruppen, z.B. Verwandtschaftsbezeichnungen, die alle best.
Merkmale besitzen
Jedes Lexem geht bei seiner Verwendung im Text best. Bez. zu anderen Lexemen ein, mit
denen es gemeinsam im Satz verwendet wird. Zu solchen Bez. gehört z.B. die Valenz (stammt
eigentl. aus der Chemie, von Tesniere in die Grammatiktheorie eingeführt, Schöpfer der
Valenzgrammatik). Dh. die Eigenschaft von Wörtern, eine best. Zahl und Art von Mitspielern
im Satz zu fordern (Aktanten), z.B. helfen fordert Subjekt und Objekt im Dativ, unterstützen
fordert Subjekt und Objekt im Akkusativ, die Aktanten müssen best. semant. Merkmale
erfüllen, rufen fordert 2 Aktanten, geben fordert 3 Aktanten
Zu solchen Beziehungen gehört aber auch die semantische Verträglichkeit = Kompatibilität
lexikal. Einheiten im Satz, best. Lexeme sind kompatibel, andere sind es nicht, z. B. der
blonde Hund, blond bezieht sich aber nur auf menschl. Haar, z.B. er eilte langsam zur Schule,
eilen und langsam nicht kompatibel
è Unter syntagmatischen Beziehungen verstehen wir Bez. zw. lexikal. Einheiten, die im Satz
gemeinsam vorkommen können, bzw. die miteinander einen Satz bilden können
5.2. Paradigmatische Beziehungen
Paradigmat. Reihen können sehr unterschiedl. umfangreich sein
Wortfelder eher kleinere Einheit von paradigmat. Reihen, Begriff geht zurück auf den dt.
Sprachwissenschaftler Jos Trier, Wortfeld für Verstandeseigenschaften (saublöd, dumm,
klug,…)
5.2.1. Synonymie
Die Erscheinung der Synonymie beruht darauf, dass zw. Form und Inhalt keine Eins-zu-Eins-
Beziehung besteht
Beziehung zw. Sememen, also zw. versch. Bedeutungen
es geht um das Verhältnis von Sememen versch. Lexeme
traditionell ist Synonymie die Beziehung zw. sprachl. Einheiten, die bedeutungsgleich oder
bedeutungsähnlich sind, in ihrer Form aber verschieden sind
z.B. Fahrstuhl – Lift, Ufer – Strand
versch. Wörter mit gleicher oder ähnlicher Bedeutung
è Definition trifft aber nur für monoseme Wörter zu, also für Wörter, die nur eine Bedeutung
tragen, die Wörter sind aber nie in allen ihren Bedeutungen mit anderen bedeutungsgleich od.
ähnlich
z.B. Flügel – Tragfläche – Seitengebäude, Tragfläche und Seitengebäude sind aber keine
Synonyme
è nicht eine Bez. zw. Wörtern, sondern Beziehung zw. einzelnen Sememen versch. Lexeme
Unter lexikal. Synonymie verstehen wir die Gleichheit oder Ähnlichkeit von Sememen
verschiedener Lexeme.

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Es gibt auch Einzelfälle, dass Lexeme in mehreren Sememen synonym sind, Z.B. Welle –
Woge Welle: Wasserbewegung, Fortbewegungsform von Licht und Schall, Gemütsbewegung
Woge: Wasserbewegung, Gemütsbewegung, aber nicht Fortbewegungsform
Wir bestimmen die Synonymie danach, in welchem Grade die einzelnen Sememe miteinander
übereinstimmen.
Als Synonymie betrachten wir Sememe verschiedener Lexeme, die sich auf das gleiche
Denotat beziehen und deshalb über einen Kern gleicher Seme verfügen, sich aber auch durch
periphere Denotative und/oder durch konnotative Seme unterscheiden können.
Es gibt aber auch Synonymie, die auf morphematische Ebene bezogen sind, z.B.
Pluralmorpheme des Substantivs (er, e, en, n, s, 0), und auch auf syntakt. Ebene
Es geht bei uns immer um 2 Dinge (in der analyt. Bedeutungsauffassung)
semantische Analyse: Bestimmung der Sememe
Bestimmung der Gleichheit/Ähnlichkeit der Sememe
Danach ergibt sich eine Bestimmung der Synonymie nach dem Grad der Übereinstimmung
der Seme der verglichenen Sememe verschiedener Lexeme
3 Arten von Synonymen:
a) vollständige Synonymie
b) partielle Synonymie
c) stilistische Synonymie
a) Vollständige Synonymie
liegt dann vor, wenn Sememe verschiedener Lexeme in ihren Semen völlig übereinstimmen,
sowohl in der denotativen, als auch in der (sofern vorhanden) konnotativen Komponente. Die
entsprechenden Lexemvarianten müssen also in jedem Kontext substituierbar sein. Manche
Wissenschafter meinen, dass diese Art von Synonymie nicht möglich ist, z.B. in Gedichten.
Vollständige Synonymie ist relativ selten und tritt häufiger in der Gegenüberstellung fremder
und heimischer Wörter auf, z.B. Moment und Augenblick, Lift und Fahrstuhl, Numerale und
Zahlwort.
L(F1) – S1 – M1, M2, M3 usw.
vollständige Übereinstimmung, wenn M1 = M1’, M2 = M2’, M3 = M3’
territoriale Dubletten werden nicht Synonyme genannt, sondern Heteronyme:
semant. Synonyme, sind aber untersch. Existenzformen zugeordnet, gehören nicht dem
gemeinsprachl. Wortschatz an, z.B. Topfen – Quark, Metzger – Fleischhauer
sind nicht überall verbreitet und werden daher nicht zu Synonymen gezählt, sonst müsste man
ja die Dialektwörter auch noch dazuzählen
b) Partielle Synonymie
liegt dann vor, wenn Sememe versch. Lexeme in den Semen der denotativen Komponente
teilweise übereinstimmen und die konnotative Komponente merkmallos ist.
Werk – Betrieb, schneiden – mähen,…
keine vollständige Substituierbarkeit in allen Kontexten, in manchen Kontexten sind sie nicht
substituierbar, z.B.Rasen mähen/schneiden, aber Haare schneiden/ nicht mähen M3 M3’

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c) stilistische Synonymie
liegt dann vor, wenn Sememe versch. Lexeme in den Semen der denotativen Komponente
vollständig oder partiell übereinstimmen, sich aber in den Semen der konnotativen
Komponente in jedem Fall unterscheiden.
Die besondere Stilfärbung wird betont, sonst wäre es ja eigentlich partielle Synonymie
z.B. sterben – abkratzen – den Löffel abgeben – dahinscheiden – entschlafen – verrecken –
die Radieschen von unten betrachten è euphemistische und pejorative Bedeutungen
Gesicht – Antlitz – Visage
5.2.2. Hyperonymie
Unter Hyperonymie versteht man die Beziehung der Über- bzw. Unterordungen der
Bedeutungen versch. Lexeme.
Das übergeordnete Element = Hyperonym, z.B. Blume
Die untergeordneten Elemente = Hyponyme, z.B. Rose, Narzisse, Tulpe, Maiglöckchen
Gemeinsamkeiten zur Synonymie: gemeinsame Merkmale, aber das Entscheidende ist: die
Beziehungen der Sememe ist nicht umkehrbar, während sie bei der Synonymie immer
umkehrbar ist, jeder Pudel ist ein Hund, aber nicht jeder Hund ein Pudel
hierarchische Beziehung, vom Allgemeinen zum Speziellen, zwar auch gewisse
Ersetzbarkeit gegeben, z.B. man kann immer statt „Rose“ „Blume“ einsetzen, aber nicht
umgekehrt.
5.2.3. Antonymie
- Antonymie: Die gegenübergestellten Sememe besitzen je ein Sem, das dem Sem des
anderen Semems entgegengesetzt ist: kalt – warm, Mann – Frau (beide: Mensch,
sprache besitzend);
Früher auch: Gegensatzpaarigkeit von Wörtern.
Meist entgegengesetzte Pole einer angenommenen Achse, daher Einschränkung der
Antonymie. Am häufigsten bei Adjektiven, die Qualitäten oder Position ausdrücken.
Beide Sememe haben im Kontext eine unterschiedliche Distribution. Antonymische
Sememe stehen in verschiedenen Konstellationen zu einander, was Polysemie zeigt: hoch-
tief, hoch-niedrig, alt-jung, alt-neu.
Man versucht, die Antonyme zu untergliedern, es gibt drei Arten von
„Gegensatzbeziehungen“:
1. Kontrarität = Gradabstufung der entsprechenden Eigenschaft. laut-leise, warm-kalt,
groß-klein. Das ist aber subjektiv. Die Gradabstufung wird angegeben.
2. Komplementarität = sind objektive Gegensätze: klare Abgrenzung: tot-lebendig,
verheiratet-unverheiratet. Mann-Frau, „entweder-oder“-Antonymie.
3. Konversivität: Gegensätzliche Sichtweise auf den gleichen Vorgang, geben-nehmen,
kaufen-verkaufen, mieten-vermieten.
5.2.4. Wortfelder und Wortfamilien
Die komplexeste Gruppierung im Wortschatz ist das Wortfeld. Der Terminus geht auf Jost
Trier zurück: „Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes“ – Diachronische
Untersuchung zu Bezeichnung geistiger Fähigkeiten im deutschen Sprachschatz. Aus der
Untersuchung ging das „Wortfeld“ hervor, welches breit differenziert worden ist. Der
Grundgedanke besteht darin, dass die Wörter einer Sprache Teile von Gruppen und

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Verbänden, genannt Wortfeld, sind, in dem sie sich in Beziehung und Abhängigkeit zu
anderen Worten stellen. Psycholinguistisch versucht man zu zeigen, dass die Wörter einer
Sprache in Feldern gespeichert werden. (Empfehlung: Harald Weydt über den
Polyglottismus).
Eugen Coseriu: 1967 Definition für Wortfeld: lexikalisches Paradigma
Lorenz (?): 1977: die als Wortfeld bezeichneten semantische Makrostrukturen sind
Subsysteme des Lexikons; allen Feldbestandteile ist mindestens ein Genus-Sem als
Oberbegriff gemeinsam. Vielfältig überschneiden sich die Seme in den Strukturen.
Lutzeier 1981: Ein Wortfeld ist eine in endlich viele Elemente teilbare lexikalische Menge der
Sprache, die unter semantischen Aspekten zusammengefasst werden kann, deren Elemente
die gleiche syntaktische Funktion erfüllt.
Das Onomasiologische Feld: (im Gegensatz zum semasiologischen): geht vom Bereich der
Realität aus, danach erfolgt Suche der Formative. = 2 Unterschiedliche Vorgehensweisen
(Beim semasiologischen Feld wird die Bedeutung eines Wortes gesucht).
Ursprünglich: Bezeichnungs- oder Begriffsfelder, z.B. Verwandtschaftsbeziehungen.
Archilexem als Hyperonym im Zentrum, dem andere Lexeme zugeordnet sind, sie bilden
dann das Feld. Im eigentlichen Sinn ist es ein Synonymfeld. Thea Schippan unterscheidet
hier:
Wasserlauf
künstlich
natürlich
Kanal
Fluss
groß
klein
Strom
Bach
sehr klein
Rinnsal
Bächlein
Begriff Wortfeld wurde über die Synonymie hinaus ausgeweitet, z.B. Das „Tempusfeld“.
Wortfamilie: Diachronische Art der Wortbeziehung; steht nicht so im Vordergrund. Es
handelt sich um eine Zusammenfassung von Bestandteilen des Wortschatzes, die sich auf ein
gemeinsames Grundmorphem zurückführen lassen. Wortfeld = synchronisch, Wortfamilie =
diachronisch. Bezeichnung aus dem 19. Jahrhundert, v.a. von Grimm (Romantik). Die
literarische Strömung war eine Strömung, die die frühe Vergangenheit vergötterte.
Terminologie des Lebens wurde auf die Sprache übertragen, z.B. Wortfamilie „Wetter“; v.
Michael Schlaefer. Diese Wortfamilie ist kein Wortfeld. Semantische Beziehungen können
verloren gehen, indem die Komposita ihre Bezüge zu ihrem Ursprung verlieren. Die
Wortfamilie hat Ähnlichkeiten mit dem Wortfeld.
5.3. Syntagmatische Beziehungen
5.3.1. Semantische Valenz und Kompatibilität
Beziehung von Wörtern zueinander innerhalb von Sätzen. Die Aussage ergibt sich aus den
semantischen Beziehungen der Wörter (Textlinguistik). D.h. (horizontale Beziehung), dass in
einem Satz nur Wörter kombinierbar sind, die die Möglichkeiten für semantische
Beziehungen eröffnen und deren Bedeutungen kompatibel miteinander sind. Valenz ist
ebenfalls noch nötig. Inkompatible Bedeutungen können normalerweise nicht kombiniert
werden, sind also unzulässig: „er hat mich aufrichtig belogen“, „er eilte langsam“, „sie hat
einen blonden hund“. Es liegt eine Unverträglichkeit von Semen (denotativ und konnotativ)
vor. Ein Native Speaker macht solche Fehler auch nicht. In engem Zusammenhang damit

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steht die semantische Valenz aus der Syntax (Tesniere). Ist die Fähigkeit, bestimmte Elemente
im Satz umzuformen oder an sich zu binden. (Valenzwörterbücher), z.B. „schlafen“
(einwertig), „rufen“ (zweiwertig), „geben“ (dreiwertig). Während die syntaktische Valenz
sich auf die Zahl der Elemente bezieht, bezieht sich die semantische Valenz auf die
semantisch begründete Fähigkeit eines Lexems, aufgrund seiner Bedeutung Partnerlexeme zu
fordern, Leerstellen zu eröffnen, die mit bestimmten Partnern besetzt werden müssen. „lügen“
= wider besseres Wissen falsche Aussagen machen, d.h. „belügen“ braucht Elemente der
Eigenschaft „human“. Fortbewegungsverben brauchen Fortbewegungssubjekte.
Semantische Valenz ist ein Teilgebiet der Kompatibilität, ausgenommen von syntaktischer
und semantischer Valenz ist der indirekte oder übertragene Sprachgebrauch (Literatur, Lyrik,
Märchen). Erwin Strittmatters Texte sind hier sehr reichhaltig, weil er eine Unzahl von
Okkasionalismen bildete.
5.3.2. Topiks und Textisotopie
zu den Syntagmatisch Paradigmatischen Beziehungen. Die Semantische Beziehungen
zwischen Lexemen beschränken sich nicht auf den einzelnen Satz. Lexeme und Sememe
haben semantische Beziehungen innerhalb von Texten, wichtig für den semantischen
Zusammenhang in einem Text = Kohärenz. Die Entfaltung eines Textthemas macht die
Kohärenz eines Textes aus. Eine der größten Herausforderungen der Sprachwissenschaft. Ein
Text ist von Inhalt und Zweck bestimmte Folge von Sätzen und satzwertigen Einheiten,
zwischen denen inhaltlich und formal Beziehungen bestehen.
Die Bedeutung eines Textes wird aufgebaut, indem durch lexikalische Einheiten Beziehungen
hergestellt werden, die durch die semantische Verflechtung den Fortgang des Textes
ausmachen. Für die inhaltliche Kontinuität hat die Textlinguistik den Term der „Isotopie“.
Ein Mann geht um die Ecke. Er trägt eine Tasche. Diese ist gut gefüllt.
Thea Schippan hat sich mit der Textisotopie in ihrem Buch ausführlich beschäftigt.
26. Mai 2004
6. Die Struktur des Wortschatzes
Gliederung und Erfassung der Strukturen, aus denen der Wortschatz sich aufbaut. Übersicht
der Strukturierungsmöglichkeiten:
a) etymologische Gliederung in Wortfamilien (diachronisch)
b) semantische Gliederung, Differenzierung des Wortschatzes in Wortfelder
c) regionale oder diatopische Gliederung (Mundart – Umgangssprache –
Standardsprache)
d) soziologische Differenzierung (Sonderwortschätze bestimmter Gruppen), Gruppen-
und Fachwortschätze, diastratische Gliederung
e) historische oder diachronische Gliederung (Neologismen – Archaismen)
f) Gliederung in „heimische“ und entlehnte Bestandteile (diaintegrative Gliederung des
Wortschatzes).
Für alle Aspekte gibt es mehr oder weniger weit entwickelte lexikographische Hilfsmittel. Die
Lexikographie ist im Deutschen aber dürftig entwickelt.
6.1. Regionale (diatopische) Gliederung

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Innerhalb des Deutschen haben sich verschiedene Schichten herangebildet, die den Menschen
zur Erfüllung ihrer kommunikativen Bedürfnisse dienen. Für die Gegenwart lässt sich das an
bestimmten Merkmalen unterscheiden:
a) Struktur der Sprachsysteme – Unterschiede
b) regionaler Geltungsbereich
c) unterschiedliche Anwendungsgebiete (kommunikative Bereiche)
d) stilistische Markierung, heute an Stelle einer sozialen Markierung.
Es gibt drei Existenzformen (Varietäten), die nicht auf den Wortschatz beschränkt sind:
a) Mundart
b) Umgangssprache
c) Standardsprache
Mundartliche Wortschätze sind durch einen engen regionalen Geltungsbereich im
Sprachgebiet gekennzeichnet. Auch das Niederdeutsche hat keinen einheitlichen
Sprachschatz, im Zuge der Veränderung der Umgangssprache gehen die mundartlichen
Wortschätze mehr und mehr zurück. Die Schweiz hat aber zB. nur eine Standardsprache und
Mundarten, die Rolle der Mundarten im süddeutschen Sprachraum ist stärker, ein
Rückgangsprozess ist aber erkennbar. Beschränkung von Sprechern auf die reine Mundart
gibt es nicht mehr, sehr wohl aber Beschränkung auf regionale Eigenheiten. Es gibt eine
Menge von Menschen, die ihr Leben lang die Schwelle von der Umgangssprache zur
Standardsprache nie überschreiten. Die Frage ist: inwiefern diese Menschen behindert sind im
Alltag und bei verschiedenen Tätigkeiten.
Mundartforschung gibt es seit ca. 120 Jahren (Wörterbücher, Wortatlanten, Isoglossen).
Der standardsprachliche Wortschatz bildet den Gegenpol dazu. Geringfügige regionale
Differenzen gibt es aber. Der standardsprachliche Wortschatz bietet vielfältige stilistische
Differenziertheit und ist universell einsetzbar. Mit der Standardsprache kann alles ausgedrückt
werden, mit Mundart und Umgangssprache nicht. Die meisten Wörterbuchtypen beziehen
sich auf den standardsprachlichen Wortschatz.
Umgangssprache: ist umstritten in ihrer Abgrenzung. Historisch ist sie relativ jung (19.
Jahrhundert). Erwachsen aus der Tendenz, sich über lokale Mundartgrenzen hinweg zu
verständigen. Eine Annäherung an die Standardsprache. Die Standardsprache ist aber ein
Bildungsgut, das man sich aneignen muss. Übergangsfeld zwischen Standardsprache und der
Mundart. Entweder es gibt zwei (Nord- und Süddeutsch) oder 50. In der DDR waren es drei:
Thürisch, Berlinisch Brandenburgisch, Norddeutsch.
Nord-Südteilung ist grob und vereinfachend, aber im Kern richtig.
Regionale Geltungsbereiche: Großräumiger als bei Mundarten oder Dialekten. Es gibt nicht
DIE deutsche Umgangssprache. „umgangssprachlich“ hat auch eine stilistische Bedeutung –
Wörter mit pejorativem Charakter werden zur Umgangssprache gezählt, selbst wenn sie
überregional sind, daraus entstehen Schwierigkeiten.
zur Umgangssprache gehören:
a) nicht mundartliche Wörter mit nicht nur regionaler Verbreitung im Sprachgebrauch
b) Nicht Standardsprachliche Wörter mit abwertender stilistischer Markierung, auch
überregionaler Bedeutung. z.B. „Scheiße“, konnotiert pejorativ, ist aber im ganzen
deutschen Sprachgebiet verbreitet – funktioniert aber in der Standardsprache nicht.
Oder: „Karfiol“, ist in Österreich Standardsprache, aber nur auf Österreich beschränkt.
Klamotten, Klaue, abrackern, blechen, feuern, bimmeln, berappen, Latschen, besoffen.
Siehe: Küppan: Wöterbuch der deutschen Umgangssprache, Hamburg 1964. Walter
Hensen (Schweiz) ermittelte, dass 70-80% aller Deutschsprechenden in der Mehrzahl

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der Anwendungsgebiete die Umgangssprache verwenden. Die Umgangssprache ist die
mehrheitliche Alltagssprache, Mundart und Standardsprache kommen nur in
spezifischen Situationen vor.
6.2. Soziologische (diastratische) Gliederung
Diese Differenzierung kann alle Teile des Sprachsystems umfassen. Sie ergibt sich aus den
Bedingungen der sprachlichen Tätigkeit der Menschen, die zur Ausbildung sprachlicher
Besonderheiten führen. Die Sonderwortschätze sind Resultat der kommunikativen
Bedingungen und Anforderungen innerhalb sozialer Gruppen. Diese entstehen auf Grundlage
von Beziehungen und Gemeinsamkeiten (fachlich, beruflich, weltanschaulich, altersmäßig,
interessenmäßig). Alle diese Kleingemeinschaften entwickeln Normen speziell beim
Wortschatz, wodurch eine optimale Verständigung erreicht werden soll. Die Gruppen
konstituieren die Sprachunterschiede – nicht umgekehrt! = soziologische Differenzierung der
Sprache. Die Allgemeinsprachlichen Mittel reichen oft nicht aus. Die Ausbildung sprachlicher
Besonderheiten dient
a) der Effektivität der Kommunikation
b) dem Ausdruck der Integration und der Abgrenzung der Gruppenteilnehmer
Sonderwortschätze sind:
a) Fachwortschätze: Lexikalische Besonderheiten, die sich in der Sphäre der Arbeit und
des Berufs ergeben.
b) Gruppenwortschätze: Lexikalische Besonderheiten, die sich in anderen Gruppierungen
und Interessen ergeben.
Manchmal findet man auch Sonder-, Fach- und Gruppensprache als Ausdruck (weil Sprache
mit Wortschatz verwechselt wird). Diese Differenzierungen sind im wesentlichen auf den
Wortschatz beschränkt.
Im Binnendeutschen gibt es keine spezifische diastratische Differenzierung innerhalb der
Mundarten mehr. Es gibt keine scharfen Grenzen zwischen den Sonderwortschätzen
insgesamt. Zwischen den verschiedenen Ausprägungen gibt es viele Übergänge.
Fachwortschätze gewinnen mehr Einfluss auf die Alltagssprache.
9. Juni 2004
6.2.1. Fachwortschätze
Zunehmende fachliche Differenzierung führt zu Ausbildung von Wortschatzbesonderheiten,
die der Beschreibung des Gebietes dienen. Der Umfang der Fachwortschätze ist größer als der
Allgemeinwortschatz. Von zehn Millionen Wörtern des deutschen Thesaurus sind 500000
Allgemeinwortschatz. Anwendungsbereich ist das entsprechende Fachgebiet, die
Fachwortschätze sind der Allgemeinheit nicht so zugänglich. Der Kraftfahrzeugwortschatz ist
jedoch allgemeiner als der Medizinwortschatz. Merkmale sind prototypisch für
Fachwortschätze:
a) Fachbezogenheit
b) Begrifflichkeit und Exaktheit. Grad der Exaktheit ist abhängig von der Anzahl der
verwendeten Termini. Exaktheit wird von Synonymie und Homonymie beeinträchtigt.
c) Relative Eindeutigkeit von Fachwörtern innerhalb des Rahmens der Fachgebiete.
d) Systematik: Begriffsreihen von Fachbegriffen
e) Knappheit (relativ): Tendenzen zu geringer Redundanz.

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f) Stilistische Neutralität: Fachwörter sollten keine Konnotationen haben.
Diese Merkmale sind nicht alle gleichermaßen ausgeprägt. Die Differenzierung erfolgt in
verschiedenen Fachwortschätzen (horizontale Gliederung). Vertikale Differenzierung im
wesentlichen durch drei Untergruppen: Termini, Halbtermini, Fachjargon
Termini sind Fachwörter, deren Bedeutung durch Definition festgelegt ist, die ein Denotat
innerhalb eines Fachgebietes mit der nötigen Präzision bezeichnet.
Halbtermini: Bedeutung nicht durch Definition festgelegt, zur Kennzeichnung von Denotaten
aber ausreichend (= Professionalismen): Bandsäge, Beißzange, Vierkantschlüssel.
Die Merkmale treffen nur für die Termini in vollem Umfang zu. Mundartliche
Fachwortschätze existieren heute kaum noch. Die diatopische Differenzierung geht mehr und
mehr zurück, während Fachwortschätze sich ausweiten.
6.2.2. Gruppenwortschätze
Es handelt sich hier um lexikalische Besonderheiten bestimmter Gruppen. Es handelt sich um
besondere Wortschätze, bei denen eine gewisse Konnotation effektiv erforderlich sein soll.
Aspekt der Abgrenzung und der Identifikation. Als Verwender dokumentiert man
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Die Bandbreite ist sehr groß, die Grenze zu den
Fachwortschätzen ist fließend. Sofern sie umgangssprachlich und pejorativ sind, wird das als
Jargon und Slang bezeichnet. Beliebtes Beispiel ist der jugendsprachliche Wortschatz. Bsp.:
Bezeichnung für Geld oft aus dem Rotwelsch übernommen. Bezeichnend für die
Gruppensprache ist die Umdeutung vorhandener Wörter (Wörterbuch der Jugendsprache,
Margot Heinemann, geordnet nach Denotatsbereichen, Belegen und Kontexten).
7. Wortschatzentwicklung
Das Sprachsystem braucht Kontinuität für eine Verständigung. Die Sprache steht vor der
Notwendigkeit, sich den kommunikativen und kognitiven Bedürfnissen anzupassen. Die
Sprachentwicklung vollzieht sich in einer ständigen Lösung dieses Widerspruchs. Weise,
Tempo und Umgang sind dabei unterschiedlich, z.B. Rückgang des Genetivs seit 250 Jahren,
Im Wortschatz ist die Sprache am beweglichsten. Rasche und vielfältige Reaktion. Im
Wortschatz werden die unmittelbaren Benennungsbedürfnisse befriedigt und mit Lexemen die
Gegebenheit der Welt bezeichnet und verfügbar gemacht. Nicht alle Elemente aus Texten sind
Bestandteile des Wortschatzes, sondern erst wenn sie usualisiert werden. Wörter bleiben sonst
Bestandteile des Textes, werden aber nicht Teil des allgemeinen Wortschatzes. Besonders
Erwin Strittmatter prägte zahlreiche solcher Okkasionalismen, z.B. „Fürbewegung“. Erst
durch die Usualisierung kann man von Neologismen sprechen. Die Ursachen sind mit dem
Leben der Menschen und ihren Aufgaben verbunden. Täglich werden unzählige Wörter
gebildet. Der größte Bereich der Entwicklung sind die Fachwortschätze. Einerseits durch neue
Bezeichnung werden neue Gegebenheiten benannt, es treten neue Wörter auf.
a) Bildung und Übernahme neuer lexikalischer Einheiten
b) Rückgang oder Ausscheiden vorhandener lexikalischer Einheiten (Archaismen)
Diese beiden Vorgänge halten sich im allgemeinen Wortschatz die Waage, ca. 8% des
verzeichneten Wortschatzes sind in Bewegung.
7.1. Neologismen

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Lexeme oder Lexembedeutungen, die von einer Gemeinschaft zu einem bestimmten
Zeitpunkt als neu empfunden werden. Einordnung in den Wortschatz ist eine temporäre
Beziehung. Neologismen werden entweder zum Bestandteil des Wortschatzes oder sie
verschwinden wieder.
Okkasionalismen:
sind
nicht
usualisiert;
einzeltextgebunden,
nur
potentielle
Wortschatzelemente
è Begrenzung liegt in der Usualisierung: Neologismen sind usualisiert, haben aber noch eine
zeitliche Markierung
3 Arten von Neologismen:
1) Neubildung (Neuprägung):
neue Lexeme, die auf dem Wege der Wortbildung gebildet werden; häufigster Weg der
Entstehung neuer Wörter – ca. 83 % der Neologismen
Hauptform der Neubildung ist die Zusammensetzung – ca. 76 % der Neubildungen
2) Neubedeutung:
Zuordnung ist umstritten, neue Seme zu schon vorhandenen Lexemen
Anteil der Neubedeutungen an den Neologismen beträgt ca. 12 %. Im Sprachgebrauch
besitzen diese Neusememe eine relative Relevanz
z.B. Wendehals (eigentlich ein Vogel); Abwicklung; Typ (Bezeichnung für einen Mann)
3) Neuwörter bzw. Entlehnungen
lexikalische Einheiten, die aus anderen Sprachen übernommen sind, aus Sicht der dt. Sprache
ummotiviert worden. – 5 % der Neologismen
Der Großteil davon stammt aus dem Englischen bzw. Amerikanischen.
Neologismen kann man auch onomasiologisch klassifizieren, auf die Fachgebiete aufgeteilt,
wo sie auftreten:
- Wirtschaft: ca. 30%
- Wissenschaft und Technik: ca. 23%
- gesellschaftl., polit. Leben: ca. 21%
- Kultur, Sport, Bildung: ca. 23%
Im Alltagsleben treten kaum Neologismen auf, hier verändert sich relativ wenig.
7.2. Archaismen
sind Lexeme oder Lexembedeutungen, die von einer Gemeinschaft zu einem bestimmten
Zeitpunkt als veraltet und nicht mehr zeitgemäß empfunden werden. Sie sind noch
Bestandteile des Wortschatzes mit abnehmenden und zunehmend spezialisiertem
Sprachgebrauch.
untergegangene Wörter sind keine Archaismen, da sie ja gar nicht mehr zum Wortschatz
gehören, sie sind ja verschwunden!!!
Neologismen und Archaismen sind parallele Vorgänge. Das Veralten von Bezeichnungen und
Bedeutungen ist aber noch schwerer zu beobachten.
a) zeitliche Differenzierung: veraltete Wörter oder Wortbedeutungen vs. veraltende
Wörter oder Wortbedeutungen.

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b) sprachliche Klassifizierung: Unterscheidung von Denotatsarchaismen und
Bezeichnungsarchaismen.
Denotatsarchaismen: Sicht auf den benannten Gegenstand liegt zu Grunde.
Gegenstand kann sich verändern oder verschwinden, dadurch veraltet die
Bezeichnung. Die Wörter, deren Denotate veralten, nennt man auch Historismen.
Zugehörigkeit zu den Archaismen umstritten.
Bezeichnungsarchaismen: Sprachliche Benennung der Sache veraltet. Der Gegenstand
besteht unverändert weiter, die sprachliche Bezeichnung wird nicht mehr als
zeitgemäß angesehen. Es veralten nur einzelne Sememe eines Lexems, das Wort bleibt
bestehen.
Archaismen haben eine wichtige Funktion in bestimmten Textgestaltungen, z.B.
Geschichtsschreibung, historische Romane
7.3. Bedeutungswandel
diachronischer Vorgang, der bestimmte Auswirkungen auf die Gegenwartssprache hat
… wenn sich die Bedeutungsseite lexikalischer Zeichen (Sememe und ihre Seme) verändert
und die Formseite gleich bleibt oder lautgesetzlichen Wandlungen unterliegt
z.B. AHD
MHD
NHD
zimbar
zimbre
Zimmer
è Formseite
Bauholz
Bau aus Holz
Wohnraum
è Bedeutungsseite
a) Wesen des Bedeutungswandels
Neue Denotate in der Sprache werden schon vorhandene Lexeme zugeordnet und damit deren
Bedeutung verändert
z.B. Schlange zu der schon vorhandenen Bedeutung tritt eine weitere hinzu, dadurch entsteht
Polysemie. Oft durch Ähnlichkeiten der Form der Denotate.
è metaphorische Bezeichnungsübertragung
è metonymische Bezeichungsübertragung: bezieht sich auf ein bestimmtes logisches
Verhältnis; z.B. Schule als Forschungsrichtung
Bedeutungswandel besteht nicht immer in der Vergrößerung der Sememe eines Lexems. Oft
kommt es auch zu Veränderung der Sememe: Wertsteigerungen und Wertminderungen
b) Ursachen des Bedeutungswandels
ü Benennungsbedürfnis von neuen Objekten, Empfindungen, …
ü Denotatsverwendung bei Beibehaltung des Formativs; z.B. Bleistift, Federhalter, …
ü Veränderung der menschlichen Erkenntnis im weitesten Sinne, z.B. Engel, Teufel,…
ü Veränderung sozialer Beziehungen und kommunikativer Normen; z.B. Bezeichnungen
für Frau è Dame, Weib, Fräulein
ü Pseudoetymologie (Volksetymologie): semantische Fehlinterpretation auf Grund von
Ähnlichkeit der Formative; z.B. Maulwurf, Friedhof
23.06.2004
Nachschreibetermin: 1. Hälfte Oktober

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Vorbereitung: Literaturliste, Mitschrift, besonders: Thea Schippan: Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache, Kleine Enzyklopädie der deutschen Sprache: Kapitel Lexikologie von
Wolfgang Fleischer
Arten des Bedeutungswandels:
Hochzeit, Frauenzimmer, Marschall, vgl. Sprachgeschichte
a) Lexemumstrukturierung: neue Sememe treten mit neuem Denotatsbereich hinzu oder fallen
weg, è mehr oder weniger Sememe, z.B. Flügel, Linse, Schlange
b) Sememumstrukturierung: Zahl der Sememe bleibt gleich, aber die Sememe verändern sich
in ihren Semen, bis zu einem Denotat, das mit dem ursprünglichen Wort nichts mehr zu tun
hat, z.B. Marschall, Hochzeit
7.4. Entlehnung
in der Sprachgeschichte oft Purismus (v.a. im 17. Jahrhundert) è Sprache muss von fremden
Wörtern gesäubert werden
heute: es gibt aber eigentlich gar keine Fremdwörter, egal woher die Wörter kommen, sie
gehören ja jetzt zu unserer Sprache
Problem: wo fängt das Fremde an und hört das Heimische auf, wo ist die Grenze?
Klassifizierung anhand von formalen Merkmalen
Entlehnung (mit Bezug auf das lexikalische System): die Übernahme von Wörtern,
Wortbestandteilen, oder Wortbedeutungen aus anderen Sprachen in die eigene Sprache.
è diachronisch
in synchroner Sicht: formalen Kriterien, die fremde von heimischen Wörtern unterscheiden
Die Übernahme von Wörtern od. Wortbedeutungen gibt es in der Geschichte unserer Sprache
von Anfang an, in mehr oder weniger großem Umfang und von mehr oder weniger Sprachen.
Bestimmte Sprachen bildeten die Hauptspendersprachen:
Latein: Mittelalter bis Renaissance
Französisch: 17. – 19. Jahrhundert
Englisch-Amerikanisch: jüngste Geschichte, v.a. 20. Jahrhundert
1) Ursachen für die Übernahme von Wörtern aus anderen Sprachen
a) Übernahme der Denotate, also der Sachen: mit den Sachen wurden die Wörter dafür
übernommen (Pfeil, Wein, Mauer)
b) politische, kulturelle Einflüsse anderer Völker (Schule, Universität, schreiben, Doktor), v.a.
aus dem Lateinischen, oft schon vollkommen eingemeindetè Lehnwörter (weisen keine
fremden Merkmale mehr auf)
c) Gruppen- und schichtenspezifische Übernahmen: Mode, Kunst, Sport, Computerwesen
d) Wirtschaftliche und politische Beziehungen von Völkern: Dominanz verschiedener
Staaten, z.B. Russisch in der DDR, heute Amerikanisch und Englisch
Sprachen sind unterschiedlich offen für Fremdwörter, z.B. Finnisch hat sich immer stark
gegen Fremdwörter gesperrt, die am stärksten puristische Sprache in Europa, manchmal auch
heute noch Purismus der Sprachen, hat viel mit Ideologie zu tun, Finnisch vielleicht deshalb

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so streng, da sie oft von Russisch bedroht wurde, auch viele Internationalismen nicht
vorhanden; Deutsch sehr offen für Fremdwörter
Französisch eigentlich sehr offen, aber es gibt eine Sprachpolizei, die darauf achtet, dass
keine Fremdwörter auftauchen
im Prinzip verkraftet jede Sprache den fremden Einfluss, die Gefahr liegt in der Aufgabe der
eigenen Sprache und der Verdrängung der eigenen Sprache aus verschiedenen
Kommunikationsbereichen, die Fremdwörter selbst sind keine Gefahr
2) Arten der Entlehnung
Wortübernahme
a) Lehnwörter: Fremdwörter, die schon assimiliert sind und damit keine Fremdwörter
mehr sind, haben keine Merkmale, die von heimischen Wörtern abweichen,
diachronische Klassifikation, Lehnwörter sind Bildungsgut (ich bin ja so gebildet und
weiß, dass Wein von vinum kommt, aber das macht für die Kommunikation keinen
Unterschied!!), werden in der synchronische Klassifikation ausgegliedert, z.B. Fenster,
Mauer, Ziegel, Wein
b) aus anderen Sprachen übernommen, in ihrer Struktur und Bedeutung noch Element
anderer Sprachen
ü Fremdwörter: Übernahme von Form und Inhalt
ü Internationalismen: in mehreren oder vielen (europäischen) Sprachen
verbreitet: Universität, Organisation, Philosophie, Toilette è hauptsächlich
auf griech. lat. Wörtern begründet; Untergruppe der Fremdwörter
Lehnprägung
a) Lehnbildung
ü Lehnübersetzung: Teil für Teil- Übersetzung, Glied für Glied wiedergegeben
ü Lehnübertragung: freiere Übertragung, z.B. Showbusiness, Vaterland
Unterschied im Grad des direkten Bezuges
b) Lehnbedeutung: ein fremdes Semem wird heimischen Wörtern /Formativen
zugeordnet, eine Bedeutung aus einer anderen Sprache wird einem heimischen
Formativ zugeordnet, das dadurch ein weiteres Sem bekommt, eine weitere
Bedeutung; z.B. taufen (eigentlich eintauchen, dann: einen Namen geben)
Ironischerweise ist Purismus selbst ein Fremdwort, zuletzt in der Zeit des Faschismus.
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